Institut für den Nahen und Mittleren Osten
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Tag 9 Montag: Ein langer Tag in Algier

Der 9. Tag unserer Exkursion führte uns aus der Wüste wieder zurück in das mediterrane Algier. Nach einem traurig-schönen Abschied im Camp von unseren Gastfamilien und einem anstrengenden Rückflug durch die Nacht waren wir am Morgen erst einmal damit beschäftigt, uns zu sammeln. Ein Großteil der Gruppe entschied sich, auf der Dachterrasse unseres Hotels auszuharren, bis die Zimmer beziehbar waren. Eine kleinere Gruppe von uns zog es im Antlitz der Mittagshitze jedoch Richtung Meer auf der Suche nach einer erfrischenden Abkühlung.

Algier verfügt über eine Reihe an öffentlichen Stränden, die für alle BewohnerInnen wie auch BesucherInnen der Stadt frei zugänglich sind. Die ebenfalls für das Baden geeigneten Abschnitte liegen oft direkt am Stadtzentrum und sind zu Fuß ohne Probleme zu erreichen. Während einige Strände vor allem als Freizeit- und Erholungsorte dienen, sind an anderen Orten wiederum Ansammlungen kleinerer Boote anzutreffen, die für Ausflüge auf das offene Meer oder zum Fischen genutzt werden.

Nach einem Sprung ins Mittelmeer am Kettani Strand und einer kurzen Erholungspause ging es dann mit dem richtigen Programm weiter. Nachdem wir bei unserem vorherigen Zwischenstopp in der algerischen Hauptstadt bereits die Kasbah erkundet hatten, stand jetzt das Nationale Museum für Antike und Islamische Kunst auf dem Plan. Dabei handelt es sich um das älteste moderne Museum in Algerien, das ausgehend von einer von den Franzosen begonnenen Kunstsammlung errichtet wurde.

Die ausgesprochen gut erhaltene und gepflegte Kollektion an Originalstücken und Nachbildungen macht unmittelbar deutlich, wie viele verschiedene Kulturen das Land bis heute geprägt haben. Fresken, Mosaike, Münzsammlungen, Statuen, Schmuck, Waffen, Kleidung und Gebrauchsgegenstände aus mehreren Jahrhunderten sind dort zu sehen: Angefangen von den antiken Numidiern, einem Berbervolk, dessen Angehörige berühmt waren für ihre Rolle in karthagischen wie römischen Armeen, über das Imperium Romanum, das germanische Königreich der Vandalen bis hin zur islamischen Eroberung sowie der Arabisierung weiter Teile des heutigen Algeriens. Vor diesem Hintergrund stellte sich auch uns die Frage, wie oder ob sich Kulturen als geschlossene oder eben offene Erscheinungen definieren lassen. Bezeichnungen wie Kulturkreis – die eine in sich abgeschlossene Form suggerieren – wirken dann Recht schnell nicht mehr angebracht beziehungsweise greifen in unserem konkreten Fall eindeutig zu kurz.

Deutlich wird dies nach wie vor am Stadtbild von Algier. Während rundherum um die Kasbah europäisch-französische und arabisch-islamische bzw. nordafrikanische Architektur aufeinandertreffen, überwiegen in anderen Teilen der Stadt eindeutig Gebäude im europäisch-französischen Stil. Umso schöner, aber eben auch verwirrender sind die Eindrücke auf den Straßen Algiers. Einige Szenen erinnern unmittelbar an andere arabische Metropolen und Großstädte wie Alexandria oder Beirut. An anderen Orten könnte man hingegen meinen, man befinde sich in Marseille.

Als architektonische Highlights auf unserer Erkundungstour lassen sich eindeutig die Cathédrale du Sacré-Cœur d'Alger sowie das Grande Poste d'Alger ausmachen. Beide Gebäude wurden noch zur Zeit der der französischen Kolonialherrschaft errichtet, unterscheiden sich aber in ihrer Gestaltung maßgeblich. Das imposante Postgebäude ist offensichtlich einem quasi- bzw. pseudo-historischen islamischen Architekturstil nachempfunden und sticht auf dem Boulevard Mohamed-Khemisti optisch sofort hervor. Die römisch-katholische Kathedrale fällt gleichermaßen ins Auge – jedoch aus entgegengesetzten Gründen. Der zentrale Turm des Sakralbaus im Stil des Brutalismus erinnert ohne jeden Zweifel an den Kühlturm eines Kernkraftwerks und passt im ersten Moment eher in einen Science-Fiction-Film.

 

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Wem das alles zu viel ist, der kann sich in einer der zentralen Parkanlagen von Algier kurz vom Großstadtdschungel erholen. Im Freiheitspark – dort, wo sich auch das von uns besuchte Museum befindet – laden schattige Bänke, üppige Grünanlagen und reich verzierte Treppen zum Verweilen oder Erkunden ein. Vor allem junge Paare und Gruppen von Jugendlichen kommen hierher, um sich zu treffen. Eine weitere Besonderheit vor Ort sind die vielen Katzen, die den Park bevölkern und ihr Zuhause nennen dürfen.

Trotz der spürbaren Erschöpfung, die sich mittlerweile in unserer Gruppe breit gemacht hat, haben wir heute dennoch einiges an neuen Eindrücken gewinnen können. Nach den ereignisreichen Stunden und dem dichten Ablauf der letzten Tage ist es jedoch auch für uns an der Zeit, erst einmal etwas Schlaf nachzuholen und wieder neue Kräfte zu tanken, bevor es morgen direkt weitergeht.

Leo Neubauer


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