Institut für den Nahen und Mittleren Osten
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Tag 5 Donnerstag: Fahrt durch die Wüste nach Rabuni, Besuch des Widerstandsmuseums und der Organisation für Gefangene und Verschwundene, außerdem wird geheiratet

Am 19. September hatten wir einen besonders vollen Tag im Flüchtlingslager. Vor dem eigentlichen Programm führte ich ein kleines Interview mit einer jungen Frau in Hagunía, dem Bezirk, in dem wir untergebracht waren, das eine interessante Perspektive auf das Leben im Lager Laayoune bot. Sie ist 22 Jahre alt, studiert Finanzen in Algier und kommt während der Semesterferien zu ihrer Familie ins Lager. Um das Gespräch zu beginnen, zeigte ich ihr Fotos von verschiedenen Orten im Lager, darunter die neue, gerade eröffnetet Bibliothek und das Keramikatelier, Orte, die wir am Vortag besichtigt hatten.
Hier ein kurzer Einblick in unser Interview, das ich hauptsächlich auf Englisch geführt habe, manchmal mit Hilfe von Google Übersetzer:

1) Warst du schon in der Bibliothek?
- Nein, dort war ich noch nicht.
2) Es gibt auch ein Keramikatelier. Warst du schon mal dort?
- Nein.
3) Hast du erst jetzt gesehen, dass es das gibt?
Ja, ich weiß nicht. Ich bleibe meistens zu Hause, wenn ich hier bin.
4) Weiß Mohammed (ihr kleiner Bruder, der immer im Lager wohnt) davon?
(Wir zeigten ihm auch Fotos von den Orten.)
- Mohammed: Ja, aber ich war noch nicht da. Meine Schule ist woanders.
5) Warum weißt du nichts davon?
- Ich bleibe meistens zu Hause, wenn ich hier bin.

Das Interview zeigte, wie isoliert das Leben im Lager für einige Bewohner sein kann. Obwohl die Einrichtungen da sind, ist das Bewusstsein darüber manchmal nicht gegeben.

Besuch im Widerstandsmuseum Rabuni

An diesem Tag besuchten wir auch das Widerstandsmuseum, ein beeindruckender Ort, der dem Kampf für die Unabhängigkeit des sahrauischen Volkes gewidmet ist. Das Museum zeigt eine Vielzahl von Exponaten: von verwendeten Waffen, Fahrzeugen und Uniformen bis hin zu einer umfangreichen Dokumentation der Geschichte der Sahrauis. Das Museum dient nicht nur der Erinnerung, sondern auch als wichtiger Ort, um die Geschichte der sahrauischen Bevölkerung weiterzugeben – insbesondere an die jüngeren Generationen.

Ich persönlich fand das Museum extrem wichtig, da es den Sahrauis ermöglicht, ihre eigenen Erlebnisse und ihren langen Kampf der Welt zu präsentieren. Die Geschichte ihrer Kampfes um Selbstbestimmung sollte nicht in Vergessenheit geraten.

AFAPREDESA

Nach dem Museumsbesuch trafen wir auf Vertreter von AFAPREDESA – der Vereinigung für Familien sahrauischer Gefangener und Verschwundener (Franz.: Association de Familles des Prisonniers et Disparus Sahraouis). Diese Organisation hat die schwierige Aufgabe, das Schicksal von Tausenden von Sahrauis bekannt zu machen, die in Marokko gefangen gehalten werden. Etwa 4.000 Sahrauis gelten als Gefangene, davon sind 403 offiziell anerkannt. AFAPREDESA setzt sich für diese Menschen und ihre Familien ein, indem sie ihre Geschichten verbreitet und versucht, internationale Aufmerksamkeit zu erregen.

Ein Fest

Der Tag endete mit einem besonderen Fest, das zu unseren Ehren im Museum in Lajwad veranstaltet wurde. Wir wurden herzlich von den Frauen und ihren Kindern begrüßt. Es war eine farbenfrohe und festliche Atmosphäre, bei der wir traditionelle Hochzeitskleider anprobieren konnten. Die Kinder spielten ausgelassen und wir hatten jede Menge Spaß. Es war ein Moment des gemeinsamen Lachens und eine wunderbare Gelegenheit, in die lokale Kultur einzutauchen.

Ein Vortrag über Kamele

Zwischen all den Aktivitäten hielt Christina Streibig ein Referat über die verschiedenen Arten von Kamelen. Da standen die Kamele auch dabei bzw., wir standen neben ihnen, und eigentlich sind es keine Kamele gewesen, sondern Dromedare :). Es war faszinierend zu erfahren, wie unterschiedlich diese Tiere sein können, wie überlebensfähig sie durch ihre körperlichen Eigenschaften in trockenen Gebieten sind und welche wichtige Rolle sie in der Kultur und im Alltag der Sahrauis spielen bzw. historisch gespielt haben.

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Der Tag war voll von intensiven Begegnungen, wertvollen Gesprächen und einem tieferen Verständnis für die Realität der sahrauischen Flüchtlinge. Es war ein Tag, der uns die Bedeutung von Geschichte, Kultur und Widerstand gegen Ungerechtigkeit vor Augen führte.

Doğukan Tüfeksever


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