Gershom Scholem Lecture 2025
“Wenn Dich von hier tut der Angelus vertreiben“. Ein Festvortrag von Prof. Dr. Saverio Campanini (Universität Bologna)
29.07.2025 um 18:00 Uhr
Dienstag, 29.07.2025, 18:00 Uhr
Historisches Kolleg
Kaulbachstraße 15
80539 München
Telefon +49 (0)89 28 66 38 0
Fax +49 (0)89 28 66 38 63
Gershom Scholem zählt zweifellos zu den bedeutendsten und einflussreichsten jüdischen Gelehrten des 20. Jahrhunderts. Mit seinem umfangreichen Werk zur Kabbala, jüdischen Philosophie und Religionsgeschichte legte er den Grundstein für die wissenschaftliche Erforschung der jüdischen Mystik. Weniger bekannt ist jedoch seine besondere Verbindung zu München, einer Stadt, die gleich dreimal eine wichtige Rolle in seinem Leben spielte:
Zum ersten Mal hielt sich Scholem von 1919 bis 1922 in München auf, wo er seine Studien abschloss und an der Ludwig-Maximilians-Universität in Semitistik promovierte – kurz bevor er nach Palästina unter britischem Mandat emigrierte, wo er seit ihrer Eröffnung an der Hebräischen Universität Jerusalem tätig war. Sein zweiter Aufenthalt im Jahr 1932 war von kurzer Dauer, doch veröffentlichte er in dieser Zeit eine scharfe Polemik gegen Hans-Joachim Schoeps, den Autor des Werkes „Jüdischer Glaube in dieser Zeit“. Scholem warf Schoeps vor, die jüdischen Traditionen zu verfremden, indem er sie an eine protestantisch geprägte Denkweise und die Erwartungen der deutschen Mehrheitsgesellschaft anpasste. Der dritte und letzte Besuch führte ihn 1974 nach München zurück, als er den Großen Literaturpreis der Bayerischen Akademie der Schönen Künste entgegennahm. In seiner bedeutenden Rede „Mein Weg zur Kabbala“ verdeutlichte er die tiefgreifende Verflechtung seiner biografischen und akademischen Entwicklung.
Der Vortrag beleuchtet, wie diese drei Aufenthalte in München entscheidende Wendepunkte in Scholems Leben und Schaffen markierten. Zugleich wird er der Frage nachgehen, ob die Wahl Münchens als Schauplatz dieser biografischen Stationen bloßer Zufall gewesen sein kann. Hinter dieser Frage ist vielleicht eine allgemeinere verborgen: kann man die Bestimmung, die das Gegenteil von Zufall sein sollte, auch Schicksal nennen?
Die Vortragsreihe erinnert an Gershom Scholem, der in der Geschichte der Judaistik in München eine herausragende Rolle spielt. Er wurde 1922 an der LMU promoviert. Nach seiner Emigration nach Palästina wurde er Professor an der Hebräischen Universität in Jerusalem sowie Präsident der Israelischen Akademie der Wissenschaften. Scholem gilt als Wiederentdecker der Kabbala und führte die akademische Erforschung der jüdischen Mystik in die moderne Wissenschaft ein. Mit seinen zahlreichen Veröffentlichungen zu diesem Thema gilt er heute als einer der bedeutendsten Judaisten deutsch-jüdischer Herkunft.
Die Veranstaltung soll die Münchener Judaistik einem allgemeinen Publikum zugänglich machen und an deren bedeutende Geschichte mit einem Festvortrag erinnern.