Institut für den Nahen und Mittleren Osten
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Gershom Scholem Lecture 2024

Caesarea - eine mediterrane Stadt als Schlüssel zur Rabbinischen Literatur. Ein Festvortrag von Prof. Dr. Maren Niehoff (Hebräische Universität Jerusalem)

25.07.2024 um 18:00 Uhr

Maren Niehoff

Donnerstag, 25.07.2024, 18:00 Uhr

Historisches Kolleg
Kaulbachstraße 15
80539 München

Telefon +49 (0)89 28 66 38 0
Fax +49 (0)89 28 66 38 63

Mit Grußworten von Prof. Dr. Dr. h.c. Bernd Huber, Präsident der Ludwig-Maximilians-Universität.

Mit der Zerstörung des Jerusalemer Tempels durch die römische Armee im Jahr 70 n. Chr. verlor das Judentum in der römischen Provinz Palästina sein religiöses, politisches und administratives Zentrum. In den folgenden Jahrhunderten formierte sich eine Bewegung von Gelehrten, die als Rabbinen bezeichnet werden. Sie organisierten sich in Lehrbetrieben in verschiedenen Städten und schufen dort Grundsätze in Werken, die für das Judentum, wie wir es heute kennen, zentral sind: die Mischna, den Jerusalemer Talmud und wichtige Midrasch-Sammlungen. Die klassische rabbinische Literatur setzt sich aus anonymen Sammelwerken zusammen, die frühere Traditionen aufnehmen, oft unter Nennung des Gelehrten, der sie ursprünglich formulierte, und der Tradentenkette, die sich oft über Generationen und verschiedene rabbinische Zentren streckte. Bei diesen komplexen Redaktionsprozessen spielte die Rivalität der unterschiedlichen rabbinischen Zentren, wie z.B. Tiberias und Sepphoris, eine maßgebliche Rolle.

Dieser Vortrag wird ein Schlaglicht auf die Tätigkeit der Gelehrten in Caesarea werfen, deren Beitrag zu den klassischen rabbinischen Werken von besonderem Interesse ist, da sie in der mediterranen Provinzhauptstadt wirkten und damit einen besonderen Status genossen. Sie waren außerdem in einer internationalen Atmosphäre verwurzelt. Die Gelehrten Caesareas stellen damit eine markante Gruppe innerhalb der rabbinischen Bewegung dar, die oft weltoffenere Positionen vertrat als spätere, in Tiberias ansässige Redaktoren der rabbinischen Sammelwerke. Der Vortrag wird einige Schlüsselpassagen der beiden Hauptquellen für die Traditionen Caesareas, nämlich des Jerusalemer Talmuds und des Midrasch Genesis Rabbah, vergleichen, um nach Spuren tiberianischer Redaktion und Agenden zu fragen und das ursprüngliche Profil der Traditionen zu rekonstruieren. Damit ist der Vortrag auch ein Beitrag zur Untersuchung des Pluralismus innerhalb des rabbinischen Judentums.

Die Vortragsreihe erinnert an Gershom Scholem, der in der Geschichte der Judaistik in München eine herausragende Rolle spielt. Er wurde 1922 an der LMU promoviert. Nach seiner Emigration nach Palästina wurde er Professor an der Hebräischen Universität in Jerusalem sowie Präsident der Israelischen Akademie der Wissenschaften. Scholem gilt als Wiederentdecker der Kabbala und führte die akademische Erforschung der jüdischen Mystik in die moderne Wissenschaft ein. Mit seinen zahlreichen Veröffentlichungen zu diesem Thema gilt er heute als einer der bedeutendsten Judaisten deutsch-jüdischer Herkunft.

Die Veranstaltung soll die Münchener Judaistik einem allgemeinen Publikum zugänglich machen und an deren bedeutende Geschichte mit einem Festvortrag erinnern.


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