Basiswissen Islam 2019 (20-26): Politische Konflikte
Die Vorträge finden Sie hier online.
Basiswissen Islam 20 - Palästina, Israel und wir
Prof. Dr. Andreas Kaplony (LMU München), Dienstag, 22.Oktober 2019, 18.15 Uhr, Schellingstr. 3, Hörsaal S 002
Einleitend betrachten wir die Vorannahmen, die unsere Wahrnehmung von Palästina/Israel prägen. Dann betrachten wir die neun Teile des Landes und die langfristige Entwicklung hin zur heutigen Zerrissenheit. Wir schliessen mit zwei grundsätzlichen Empfehlungen. Ziel der Vorlesung ist es, in einer hitzigen Debatte ganz unaufgeregt einige wenige unbestrittene Grundlinien in Erinnerung zu rufen.
Andreas Kaplony hat den Lehrstuhl für Arabistik und Islamwissenschaft an der LMU München inne. Er forscht und lehrt auch zur Geschichte Palästinas.
Basiswissen Islam 21 - Der Krieg in Syrien aus der Sicht von syrischen und palästinensischen Vertretern medizinischer Berufe
Prof. Dr. Annabelle Böttcher (Universität Süd Dänemark, Odense), Dienstag, 29. Oktober 2019, 18.15 Uhr, Schellingstr. 3, Hörsaal S 002
Der Krieg in Syrien zeichnet sich durch vorsätzliche Gewalt an Vertretern medizinischer Berufe und medizinischer Infrastruktur aus, vor allem durch das syrische Regime, Russland und den Islamischen Staat (IS). Von 2011 bis 2018 ereigneten sich mehr als 550 Bombardierungen von 350 Krankenhäusern und medizinischer Infrastruktur in Syrien. Mehr als die Hälfte der 891 Tötungen von medizinischen Personal war das Resultat gezielter Bombardierung oder Beschuß. Bei einigen dieser Angriffe wurden chemische Waffen eingesetzt. Medizinische Versorgung wurde vom syrischen Regime kriminalisiert, Studenten und Vertreter medizinischer Berufe verhaftet, gefoltert und getötet. Mobilität wurde zunehmend durch die Kämpfe, sich ständig verschiebende Frontlinien, und den Zustrom von bewaffneten nichtstaatlichen Akteuren, unter ihnen religiös motivierte sunnitische und schiitische Jihadisten und die Aufteilungen des syrischen Territoriums eingeschränkt. Dies beeinträchtigte auch die Logistik der medizinischen Versorgung, vor allem in belagerten Gebieten wie beispielsweise Douma bei Damaskus oder Teilen der Homser Innenstadt.
Am Beispiel der Erinnerungen und Erfahrungen einer ausgewählten Gruppe von syrischen und palästinensischen Medizinern, Zahnärzten und Apothekern aus Syrien soll der Ausbruch des Krieges und seine Auswirkungen auf ihr privates und berufliches Leben bis zum Beginn ihrer Flucht nach Deutschland illustriert werden.
Basiswissen Islam 22 - Der Krieg im Jemen und die ungelöste Südfrage
Anne-Linda Amira Augustin (Europäische Auslandsvertretung des Südübergangsrates, Berlin), Dienstag, 5. November 2019, 18.15 Uhr, Schellingstr. 3, Hörsaal S 002
Der Krieg im Jemen wird allzu oft vereinfacht und ohne Darstellung der komplexen Verflechtungen und Hintergründe als ein Konflikt zwischen der Hadi-Regierung und den Houthis oder als Stellvertreterkrieg zwischen Saudi-Arabien und dem Iran dargestellt und analysiert. Die sogenannte „Südfrage“, d.h. die Missstände im Südjemen, die auf die Marginalisierung der südjemenitischen Bevölkerung seit der Jemenitischen Einheit von 1990 und dem darauffolgenden Krieg von 1994 beruhen, wird von Diplomaten, politischen Entscheidungsträgern, Wissenschaftlern und den Medien wenig beachtet und daher auch oftmals übersehen. Jedoch wird die Südfrage mit ihren Forderungen nach Wiederherstellung eines unabhängigen Staates auf dem Territorium der ehemaligen Volksdemokratischen Republik Jemen einen entscheidenden Einfluss auf die Zukunft der Republik Jemen haben.
Der Vortrag wird sich der Entstehung der südjemenitischen Unabhängigkeitsbewegung, der „Südbewegung“, die im Jahr 2007 mit ersten Demonstrationen auf sich aufmerksam machte, sowie der heutigen Situation im Südjemen angesichts des Krieges widmen. Dabei wird eine Vielzahl von Akteuren dargestellt und deren Einfluss auf den Krieg und auf sein mögliches Ende diskutiert.
Anne-Linda Amira Augustin ist Referentin in der Europäischen Auslandsvertretung des Südübergangsrates in Berlin. Sie arbeitete als wissenschaftliche Mitarbeiterin im Forschungsnetzwerk „Re-Konfigurationen. Geschichte, Erinnerung und Transformationsprozesse im Nahen Osten und Nordafrika” am Centrum für Nah- und Mitteloststudien der Philipps-Universität Marburg. Dort forschte sie im und zum Südjemen und schloss 2018 ihre Doktorarbeit in Soziologie und Nahostwissenschaft zu intergenerationalem Widerstand in der Südbewegung ab. Sie hat zahlreiche Buch- und Zeitschriftenartikel zur Südbewegung und den Unabhängigkeitsbestrebungen im Südjemen veröffentlicht.
Basiswissen Islam 23 - Die Kurdenfrage im historischen Kontext: zwischen Selbstbestimmung und Revolutionsromantik
Dr. Walter Posch (Institut für Friedenssicherung und Konfliktmanagement (BLMVS) der Landesverteidigungsakademie, Wien), Dienstag, 12. November 2019, 18.15 Uhr, Schellingstr. 3, Hörsaal S 002
Kaum ein Konflikt der Gegenwart beschäftigt so sehr die Gemüter wie die Kurdenfrage. Und kaum ein Konflikt wird dermaßen missverstanden. Das beginnt mit der Frage wer denn die Kurden eigentlich sind und wer legitimer Weise für sie sprechen darf. Im letzten Jahrzehnt fand zudem eine wichtige aber von den politischen Eliten weitgehend ignorierte Bedeutungsverschiebung der Kurdenfrage statt: sie ist, ob man es in Mitteleuropa nun wahrhaben will oder nicht, auch eine innenpolitische Frage geworden.
Basiswissen Islam 24 - Sunniten und Schiiten und der Mythos vom ewigen Konflikt
Dr. Simon Wolfgang Fuchs (Albert-Ludwigs-Universität Freiburg), Dienstag, 19. November 2019, 18.15 Uhr, Schellingstr. 3, Hörsaal S 002
Immer wieder berichten die Medien von heftigen Konflikten zwischen Sunniten und Schiiten, den beiden größten Gruppierungen des Islam: im Libanon, in Syrien, Iraq und Jemen, verlaufen Auseinandersetzungen anscheinend entlang konfessioneller Linien. Sind diese tatsächlich religiös bedingt, also die Folge einer Uneinigkeit nach dem Tod des Propheten Muhammad (st. 632) über die Zukunft der jungen islamischen Gemeinschaft?
Basiswissen Islam 25 - Feindbild Islam. Woher kommt es? Was bewirkt es? Wie kann damit umgegangen werden?
PD Dr. Farid Hafez (Universität Salzburg), Dienstag, 26. November 2019, 18.15 Uhr, Schellingstr. 3, Hörsaal S 002
Dieser Vortrag thematisiert unterschiedliche wissenschaftstheoretische Zugänge in der Islamophobieforschung und diskutiert die Bedeutung von anti-muslimischem Rassismus im Zusammenhang in einem Weltsystem, das von postkolonialen Verhältnissen geprägt ist. Dabei werden auch Fallbeispiele aus europäischen Nationalstaaten im Zusammenhang mit sogenannten Islam-Debatten diskutiert.
Basiswissen Islam 26 - Quietismus, Messias, Apokalypse und Konfliktlinen in Iran
FÄLLT AUS Dr. Heidi Walcher (München), Dienstag, 3. Dezember 2019, 18.15 Uhr, Schellingstr. 3, Hörsaal S 002
Spätestens seit 1953 spielt der Iran immer wieder einen entscheidenden Part im weltpolitischen Geschehen. Die Revolution von 1979 ist nach wie vor ein Schlüsselmoment, in welchem sich inneriranische, sowie regionale und globalpolitische Konflikte verdichteten und die nach wie vor politische Vorgänge, nicht nur im Iran und der Region, maßgeblich bestimmen. Beispiele sind der Iran-Irak Krieg (in dem der Messianismus eine ausschlaggebende Rolle spielte), die jahrelangen Auseinandersetzungen um die Nuklearfrage und der, schwelende Krieg‘ im Persischen Golf seit der Aufkündigung des JCPOA in 2016, die innenpolitischen Proteste und Arbeitskonflikte im Januar 2018, oder die aktuellen Ausschreitungen gegen die Erhöhung der Benzinpreise im Iran. Religions- und ideologiepolitische Positionen haben außerdem eine maßgebliche Funktion in Irans Politik im Syrienkonflikt und Irak. Letzteres ist an den durchgesickerten Geheimdienstberichten seit dem 18.November anschaulich darstellbar.
Dieser Vortrag erklärt im Sinne der Vortragsreihe ‚Basiswissen Islam‘ die entscheidenden religiösen und religionspolitischen Besonderheiten des schi‘itischen Islams im Iran, des darauf aufbauenden theokratischen politischen Systems und welche Funktion oder Potenz der religiösen und ideologischen Prämissen in den aktuellen inneren und äußeren Konflikten zum Tragen kommen.
Organisation: LMU München, Institut für den Nahen und Mittleren Osten, Lehrstuhl für Arabistik und Islamwissenschaft und Gesellschaft der Freunde islamischer Kunst und Kultur e.V., München