Institut für den Nahen und Mittleren Osten
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Studienexkursion in die Türkei 2023

osmanischen Hauptstädte: Bursa - Edirne - Istanbul

12.05.2023 – 21.05.2023

organisiert von Prof. Dr. Mehmet Hacısalihoğlu, Dr. Nevra Lischewski

Bursa 12.Mai- 15.Mai

Die Studienfahrt in die Hauptstädte des Osmanischen Reiches ging nicht etwa in der ersten Reichshauptstadt Bursa, sondern im uns bekannten und geschätzten München los. Am 21. April trafen wir uns hierfür per Zoom in einer virtuellen ersten Kennenlernrunde. Als Erstes lösten wir ein interaktives Quiz zur Geschichte des Osmanischen Reiches, bei welchem die Teilnehmer:innen durch viele interessante Funfacts zu den Osmanen einen Eindruck von der vielfältigen osmanischen Geschichte erhaschen konnten. Bei der anschließenden Themenvergabe spiegelten sich sowohl der persönlich bedingte Enthusiasmus der Teilnehmer:innen an der Exkursion als auch die Freude der beiden Dozierenden an der Gestaltung der Exkursion wider.

Der zweite Blockseminartermin fand am 06. Mai in der Öttingenstraße statt. Diese zweite Sitzung wurde vor allem genutzt, um die Wünsche der Teilnehmer:innen an die Besichtigungen der Exkursion in Erwägung zu ziehen und den detaillierteren Ablauf der Exkursion durchzusprechen. An dieser Stelle wurde auch langsam deutlich, dass ein sehr straffes Programm vor uns liegt. Die Sitzung wurde mit der ersten Präsentation der Kurzreferate abgeschlossen, hierbei sollten die Teilnehmer:innen ein erstes Gefühl für die historischen Spuren der osmanischen Hauptstädte erhalten.

Am 12. Mai schafften es alle Exkursionsteilnehmer:innen trotz des massiven Staus bei den Passkontrollen rechtzeitig in das Flugzeug und die Studienreise konnte beginnen. Nach der Landung in Istanbul, sammelten wir einen weiteren Exkursionsteilnehmer ein und fuhren mit einem verrückten Reisebus nach Bursa, welche als erste osmanische Hauptstadt natürlich den chronologischen Anfang unserer Exkursion ausmachte. Nachdem wir uns am ersten Abend in den hoteleigenen Cesmes entspannt hatten, waren wir am zweiten Tag bereit, um zum Geburtsort der osmanischen Geschichte einzutauchen. Die erste Sehenswürdigkeit, die wir besuchten, war die Muradiye Küllyesi (deutsch: Muradiye Komplex), welcher zwischen 1425 und 1426 von Sultan Murad II. erbaut wurde und als Sozialkomplex diente. Die nach Murad benannte Külliye besteht aus der Muradiye-Moschee, einem Bad, einer Medresse, einer Suppenküche und zwölf Gräbern von Angehörigen der osmanischen Dynastie. Letzteres sorgte auch dafür, dass diese Külliye den Status eines Palastfriedhofs erlange und nach Istanbul die zweitwichtigste Ruhestätte für die Mitglieder der Sultansfamilie war. Dieser Besuch verschaffte uns einen ausgezeichneten ersten Einblick in die Rolle und Funktion der Sultane, sowohl als Herrscher mit einer langen Dynastie als auch als verantwortungsvolle Herrscher. Die historische Bedeutung des Komplexes spiegelt sich auch in der Aufnahme auf die Liste des UNESCO-Weltkulturerbes 2014 wider.

Als nächstes tauchten wir genauer in einen Funktionsbereich der Muradiye Külliye ein und besuchten die Muradiye-Medrese, welche ein Teil dieses großen Sozialkomplexes war. Sie wurde 2018 restauriert und als Museum für Koran-Ausgaben und Manuskripte geöffnet. Die Medrese besteht aus einem Innenhof und daran angeschlossene Lehrräume, in welchen Kinder unterrichtet wurden. Bei diesem Besuch wurden wir von der osmanischen Schreibkunst fasziniert. Wir konnten die Phasen der Koranschrift von der ersten Offenbarung bis zur Gegenwart verfolgen und Einblicke in die Kalligraphie, Beispiele der Buchbinderei, Buchmalerei, sowie Miniatur- und Wassermarmorierungskunst – die sogenannte Ebru-Kunst- erlangen.

Nach diesem Einblick in die Schriftkunst war es Zeit die getragene Kunst der Osmanen anzuschauen. Hierfür besuchten wir die Uluumay Osmanlı Halk Kıyafet ve Takıları Koleksiyonu Stiftung (deutsch: osmanische Volkskleidung und Schmuckausstellung). Diese einzigartige Sammlung von Kleidung und Schmuck aus den osmanischen Provinzen des Spätmittelalters bis zur Neuzeit war kein staatliches Museum, sondern die private Sammlung von Esat Uluumay.

Geographisch grenzt Bursa an das Uludag-Gebirge an. An unserem nächsten Stop, dem Zindan Kapı Museum für die historische Stadtmauer für Bursa, hatten wir die Möglichkeit dieses anzusehen und einen Überblick über die historische Stadtmauer der Stadt zu erhalten. Den Namen hat dieses Gebäude zum einen den Verliesen zu verdanken, welche sich im Keller der Anlage befinden (Zindan= Verlies). Zum anderen beruht der Name auf der Funktion der Mauer als gesicherte Tür (Kapı = Tür). Bereits seit dem 2. Jahrhundert vor Christus existierte dieses Mauerwerk, welches ein Teil der Stadtmauer war. Die Dorfbewohner gelangten durch das Tor der Zindan Kapı auf den Bazar. Heute ist das ehemalige Stadttor und Verlies ein interaktiv gestaltetes Museum. Wir haben die Animationsfunktionen der Ausstellung gründlich getestet und können dies bestätigen.

Natürlich durfte auch ein Besuch der Gräber von Osman Gazi und Orhan Gazi nicht fehlen. Diese beiden waren immerhin die Dynastiegründer des Osmanischen Reiches. Bei diesem Besuch konnten wir traditionell gekleidete Wachen im Stil des 14. Jahrhunderts sehen. Im Anschluss hieran haben wir auch den Uhrenturm (Tophane Saat Kulesi) und die Aussichtsterrasse besichtigt.

1Den Spätnachmittag verbrachten wir in der Ulu Camii. Diese Moschee ist die größte der Stadt und die Freitagsmoschee. Sie wurde von Sultan Bayezid I. in Auftrag gegeben, zwischen 1396 und 1399 erbaut und weist demnach einen frühosmanischen Stil auf. Aus diesem Grund hat die Moschee zahlreiche seldschukische Elemente, wie beispielsweise den wunderschönen Innenbrunnen.

Am Abend ging es für uns zum Koza Han, welches eine Seidenkarawanserei aus den 1490er Jahren ist. Bursa war nicht nur die erste Hauptstadt des Osmanischen Reiches, sondern auch das osmanische Zentrum der Seidenproduktion und des Seidenhandels. Als Karawanserei stellte der Han ausländischen Kaufleuten Schlafplätze und Ställe für ihre Tiere und Waren zur Verfügung. Des Weiteren gab es auch Büros für die Geschäftsführung der Händler und Händlerfamilien, so beispielsweise auch ein Büro der florentinischen Medicis. Um dieses Erlebnis so authentisch wie möglich zu gestalten, verabschiedeten wir uns hier in kleinen Gruppen zum Shoppen.

2Unser zweiter Tag in Bursa ging dort weiter, wo der letzte aufgehört hatte. Diesmal jedoch nicht vor den Kulissen, sondern dahinter. Wir besuchten nämlich das Umurbey İpek Üretim Merkezi (deutsch: das Seidenproduktionzentrum). Das Seidenproduktionszentrum wurde 2015 eröffnet und hat das Ziel seinen Besuchern die Geschichte der Seide aus Bursa zu vermitteln. Die hier hergestellten Teppiche befinden sich preislich außerhalb des studentischen Budgets- sind aber hervorragend anzusehen. Uns wurde hierbei nahezu jeder Schritt der Seidenproduktion gezeigt und die Besonderheit der Seide erklärt. Wir konnten uns nicht entscheiden, ob wir den Herstellungsprozess der Seide oder den eigentlichen Webeprozess der Stoffe beeindruckender fanden. Unser Highlight war jedoch, als sich jeder von uns an den Webestuhl setzen konnte und selbst testen durfte!

3Unser nächster Besuch führte uns in die Yeşil Camii (deutsch: Grüne Moschee) und die Yeşil Türbe (deutsch: Grünes Mausoleum). Erstere ist ein bedeutendes Symbol für die Kunstfertigkeit der frühen osmanischen Architekten und somit ein Wahrzeichen der Stadt. Der Name und die Bekanntheit der Moschee beruht auf der Fliesenverkleidung des Innenraums, welche besonders schöne Beispiele für die osmanische Fliesenkunst des 15. Jahrhunderts sind. Die Yesil Türbe ist ebenfalls ein Teil dieses „Grünen Komplexes“ und wurde 1421 von Sultan Mehmet Celebi erbaut und eines der Wahrzeichen der Stadt. Im Grab selbst befinden sich die neun Gräber von Mehmed I, seinen Ehefrauen und Kindern. Auch dieses Monument verdankt seinen Namen seiner Farbe.

Als nächstes besichtigten wir die 1442 erbaute Irgandı Köprüsü Brücke. Die Brücke wurde beim großen Erbeben in Bursa 1854 und während des türkischen Unabhängigkeitskrieges schwer beschädigt. 2004 wurde sie restauriert und heute werden hier traditionelle Handarbeiten verkauft. Weltweit gibt es nur wenige Brücken mit einem Verkaufsbereich, die Irgandı Köprüsü ist hierbei ein leider gern übersehenes Beispiel.

Diesen Tag beendeten wir mit einem Besuch des Panorama Museums. Dieses bietet eine moderne Protrait Sammlung osmanisch inspirierter Kunst und auch eine Kuppel, in welcher die Eroberung der Stadt durch die Osmanen dargestellt wird.

An unserem dritten und letzten Tag in Bursa besichtigten wir die Hüdavendigar-Moschee, welche ebenfalls aus dem späten 14. Jahrhundert stammt und auch von Sultan Murad I. in Auftrag gegeben wurde. Das Bauwerk wurde ebenfalls wie die Muradiye nach Sultan Murad benannt, allerdings nach seinem Beinamen „Hüdavendigar“. Tatsächlich befindet sich hier jedoch nur ein Teil der Gebeine Murads, der andere Teil befindet sich in Prishtina im Kosovo, da Murad hier 1389 bei der Schlacht im Amselfeld umkam.

Edirne 15. Mai-17. Mai

Die n9ächste Station unserer Reise war die zweite osmanische Hauptstadt Edirne, welche von 1368 bis zur Eroberung Konstantinopels 1453 die Reichshauptstadt war. Schon in unserer Unterkunft in Edirne konnten wir eine wichtige Sehenswürdigkeit der Stadt bewundern, wir übernachteten nämlich ganz standesgemäß für zukünftige Turkologen/Turkologinnen und Osmanisten/Osmanistinnen in der Rüstem-Pascha Karawanserei (türkisch Rüstem Paşa Kervansarayı). Diese Karawanenherberge wurde vom Großwesir Süleymans des Prächtigen und Namensgeber Rüstem Pascha in Auftrag gegeben und von dem weltbekannten und bereits erwähnten osmanischen Architekten Sinan um 1554 erbaut. Da diese Herberge 1972 restauriert und in ein Hotel umgewandelt wurde, konnten wir den frühneuzeitlichen Flair ohne den Verzicht auf moderne Bequemlichkeiten genießen.

Unser Besuch hier schloss auch das Ende des Osmanischen Reiches ein. Wir besuchten als erstes die Hıdırlık-Bastionen und die Tabyalar, Balkan şehitliği (deutsch: Friedhof der Gefallenen der Balkankriege). Die Bastionen waren eines der Hauptquartiere der osmanischen Arme, welche während der Balkankriege in den Jahren 1886 und 1888 gebaut wurden und vor allem der bulgarischen Armee hartnäckig Widerstand leisteten.

Wir besuchten auch die Selimye Moschee und den Külliye Komplex. Die Bauarbeiten der Moschee wurde 1569 begonnen und eines der wichtigsten Bauwerke des weltberühmten osmanischen Hofarchitekten Sinan. Die Wahl des Standortes der Moschee gibt bis heute Rätsel auf. Im 16. Jahrhundert war Istanbul schon lange die Reichshauptstadt, es ist noch nicht eindeutig sicher, weshalb Selim seine Moschee also in der alten Reichshauptstadt bauen ließ.

In Bursa haben wir bereits einen guten Einblick in die Basaar Kultur des Osmanischen Reiches erlangen können, dieser wurde aber auch in den anderen Städten gefestigt. So besuchten wir in Edirne den Ali Pascha Çarşısı (Basaar von Ali Pascha). Dieser Bazar wurde zwischen 1561 und 1565 vermutlich ebenfalls von Mimar Sinan gegründet. Ziel dieses Bauwerkes war es, das Grundeinkommen für die Wohltätigkeit von Semiz Ali Pascha einzutreiben. Aber auch an diesem Monument zeichnen sich die Auswirkungen der Katastrophen ab, welche die Stadt im 19. Jahrhundert heimgesucht haben. Der Bazar verlor seinen Glanz, die Geschäfte wurden an Privatbesitzer verkauft und die Verwaltung wurde geändert. Bereits im 19. Jahrhundert wurden erste Maßnahmen zum Erhalt dieses Kulturgutes getroffen, doch der Bazar blieb in den 1940ern leer. Die Wiederbelebung von Edirne ab den 1960er Jahren zog jedoch nicht spurlos an dem Gebäude vorbei und ermöglichte uns bei unserem Besuch einen Blick auf einen der bedeutendsten Handelsbasare der osmanischen Zeit.

Die Eski Cami (Alte Moschee) wurde von 1403 und 1414 während der Zeit des osmanischen Interregnums erbaut. In dieser Moschee fanden wichtige dynastischen Ereignisse statt. So beispielsweise Ahmeds II. Schwertgürtungszeremonie. 1749 wurde die Moschee durch einen Brand und 1752 durch ein Erdbeben schwer beschädigt. Allerdings wurde die Moschee bereits unter Mahmud I. repariert und in den ersten Jahren der türkischen Republik erneut restauriert. Das Innere der Moschee wird von verschiedenen Kalligraphien dominiert. Da wir die Moschee am Abend besuchten, hatten wir genug Zeit die Kalligraphie-Kenntnisse der Exkursionsteilnehmer: innen ausführlich zu testen.

5Die Üç-Şerefeli-Moschee war die zweite Moschee, die wir in Edirne besuchten. Die genauen Entstehungsdaten sind zwar umstritten, doch die Üc Serefeli Moschee kann auf die erste Hälfte des 15. Jahrhunderts datiert werden. Im Gegensatz zu den vielen anderen Bauwerken wurde diese Moschee nicht von Mimar Sinan, sondern seinem Lehrmeister Hacı Muslihiddin Ağa erbaut. Ihr Erscheinungsbild unterscheidet sich deutlich von den anderen Moscheen, die wir in Bursa besuchten. Dieses Meisterwerk zeichnet sich durch einen großen Brunnenhof aus. Charakteristisch ist für diese Moschee auch eines der vier Minarette mit drei Balkonen, welches der Moschee seinen Namen Üc-Serefeli gab.

Neben dem Bazar und den Moscheen besuchten wir auch in dieser Stadt die bedeutenden Brücken der osmanischen Zeit. Hierbei war es jedoch nicht eine Brücke, sondern ganze sieben Brücken über dem Tunca Fluss, über die wir gehen mussten. Diese Brücken wurden zwischen dem 15. und 17. beziehungsweise 20. Jahrhundert von verschiedenen Herrschern der osmanischen Dynastie erbaut. Sie spiegeln die unterschiedlichen architektonischen Bauweisen und Stilvorlieben gut wider. Natürlich haben wir die Brückenbögen sorgsam gezählt und kontrolliert, ob die Angaben der Kurzreferate richtig waren.

Wir besuchten auch die Ruinen des Neuen Palastes von Edirne. Dieser Palast war nach dem Topkapi-Palast in Istanbul das zweitgrößte osmanische Herrscherhaus. Heute sind jedoch leider nur noch Ruinen dieses ehemaligen Prunkbaus mit einer Gesamtfläche von drei Quadratkilometer übrig. Dieser Palast wurde während der Regierung Sultan Murat II. begonnen und unter Sultan Mehmed II. beendet. Herausragend ist, dass der Palast bis ins 19. Jahrhundert von den osmanischen Herrschern genutzt wurde und diese hier längere Aufenthalte hatten. 1878 wurde das osmanische Munitionslager Edirnes, welche sich fatalerweise unmittelbar in Palastnähe befand, gesprengt, um zu verhindern, dass der vorrückenden russische Armee die kriegswichtige Munition in die Hände fällt. Seit 2008 wird der Yeni Saray restauriert und auch wenn wir nur einen Blick auf das restaurierte Küchengebäude von außen werfen konnten, so sind wir uns sicher, dass Besucher bald ein neues Museum in Edirne besichtigen können.

Ein besonderes Highlight unserer Edirne Reise war unser Besuch in dem Sultan-Bayazid Komplex, welcher von eben diesem Sultan gestiftet und benannt wurde. Dies war ein Zusammenschluss von sozio-religiösen Gebäuden und wurde am Ende des 15. Jahrhunderts errichtet. Der Baukomplex besteht aus einer Moschee, einer Armenküche (Imaret), einem Hospiz (Tahhane), dem Krankenhaus (darüşşifa oder şifahane), zwei Hochschulbauten (Medresen) und einem Badehaus (Hamam). Der Baukomplex ist von einer Mauer umgeben, welche die Einheit seiner einzelnen Gebäude bewahrt. Ästhetisch wird das Bauwerk von Kuppeln dominiert. Das Hauptgebäude weist eine zentrale Kuppel auf. Die Dächer der Nebengebäude, Kamine und Minarette zieren kleinere Pendants. Das historische Krankenhaus war bis zum Russisch-Osmanischen Krieg (1877-1878) in Betrieb und ist seit 1997 als einziges Museum zur Medizingeschichte in der Türkei vorhanden. Natürlich war uns allen die medizinischen Errungenschaften und der Fortschritt des Osmanischen Reiches vor allem in der Neuzeit bekannt, doch unser Besuch in diesem Komplex und dem Museum hat uns die Dimensionen dieses Wissens auf authentischem und simplem Wege verdeutlicht.

Bevor wir nach Istanbul abreisten, besuchten wir die Edirne Büyük Sinagoğu, welche die größte der Türkei sowie auf der Balkanhalbinsel und die drittgrößte Europas ist. Nachdem sie 1969 aufgegeben wurde, wurde sie 2015 wiedereröffnet.

Istanbul 17.Mai-21.Mai

Die letzten vier Tage unserer Reise verbrachten wir in der Millionenmetropole Istanbul. Die Geschichte dieser Stadt und ihr Weg zum osmanischen Juwel muss an dieser Stelle nicht weiter berichtet werden, bestimmt hat sich jeder von uns bereits einmal mit Konstantinopel beschäftigt.

6Der wohl spannendste Teil unseres Istanbul-Aufenthalts war tatsächlich keine Sehenswürdigkeit im klassischen Sinn, sondern das osmanische Archiv in Kağıthane. Dieses Archiv ist mit einer Regallänge von circa 100 km und 100 bis 150 Millionen Urkunden, Einträgen und Registern das größte staatliche Archiv der Türkei. Das 1846 gegründete Archiv beinhaltet die Geschichte der Türkei und der etwa 20 Staaten, welche das Osmanische Reich umfasste. Wir haben eine Führung durch nahezu alle Abteilungen des Archives erhalten und haben den Prozess der Aufarbeitung der Quellen verfolgt.

7Nachdem wir den regnerischen Tag im Archiv verbracht hatten, entschlossen wir uns noch etwas spazieren zu gehen und besuchten das wohl bekannteste Denkmal der Stadt: die Hagia Sophia. Die ehemalige Kirche der „heiligen Weisheit“ wurde zwischen 532 und 537 erbaut, war zwischen 1453 und 1935 eine Moschee und schließlich bis 2020 ein Museum. Die Hagia Sophia ist aus vielerlei Gründen ein herausragendes Baudenkmal. Zum einen verfolgte ihr Erbauer, Kaiser Justinian, ein unvergleichbares Bauprojekt mit der massiven Kuppelbasilika. Sie ist und bleibt ein architektonisches Meisterwerk und bis heute das einzige Bauwerk mit einer Kuppel von 33 Meter Durchmesser, welches von nur vier Tragepunkten gestützt wird. Zum anderen ist die Hagia Sophia die letzte spätantike Großkirche des Römischen Reiches. Sie ist noch immer das wichtigste Schlüsselmonument für das Verständnis der byzantinischen Reichsidee.

8Unser vorletzter Tag in Istanbul war der multireligiösen Geschichte der Stadt gewidmet. Wir besuchten als erstes das ökumenische Patriarchat in Istanbul, welches das Weltzentrum der griechisch-orthodoxen Christenheit ist. In der patriarchalischen Hagios-Georgios-Kirche residiert noch heute ein Patriarch, welcher als ein Nachfolger des Apostels Andreas gesehen wird. Das Oberhaupt dieser Kirche ist das Ehrenoberhaupt aller orthodoxen Kirchen und ca. 300 Millionen Christen weltweit. Alle orthodoxen Gemeinden ohne nationales Patriarchat unterstehen der Verwaltung dieses Patriarchen. Aber nicht nur die griechische Gemeinde hat das Stadtbild entscheidend geprägt, sondern auch die bulgarische. Unseren nächsten Halt machten wir in der St.-Stefans-Kirche. Die bulgarisch-orthodoxe Gemeinde agierte vor allem im 19. Jahrhundert unabhängig von der griechisch-orthodoxen Gemeinde und ihr wurde 1849 ein Holzhaus von einem bulgarischstämmigen osmanischen Staatsmann geschenkt, um hier ihre Gottesdienste abzuhalten. Im Zuge der bulgarischen Wiedergeburt setzten sie sich zunehmend für die Unabhängigkeit von der griechisch-orthodoxen Kirche ein. Auch nach der Loslösung Bulgariens aus dem Osmanischen Reich 1878 blieb Konstantinopel das Zentrum der bulgarischen Kirche. Nach einem Brand in der Holzkirche erhielten die bulgarischen Christen 1890 vom Sultan die Erlaubnis, neben der Holzkirche ein neues Gotteshaus (die „eiserne Kirche“) zu bauen.

Natürlich durfte auch an diesem Tag der Einblick in die muslimische Stadtgeschichte nicht fehlen und wir besuchten die Süleymaniye-Moschee. Sie ist eine der großen Moscheen in Istanbul und wurde im Auftrag von Sultan Süleyman dem Prächtigen innerhalb von nur sieben Jahren (1550-1557) fertiggestellt und ist ein wichtiges Werk des Architekten Sinan. Neben der sehr kurzen Bauzeit ist auch der Standort dieser Moschee herausragend. Da diese auf einem steilen Hügel der Stadt gebaut wurde, war dieser Bau eine architektonische Meisterleistung. In dem Komplex befinden sich auch die Gräber Süleymans und seiner Ehefrau Hürrem Sultan.

Natürlich durfte bei einem Besuch in Istanbul auch keine Fahrt mit der Fähre fehlen. Wir nutzten unseren Besuch auf der asiatischen Seite der Stadt, um die Mihrimah-Sultan-Moschee in Üsküdar zu besuchen. Sie war die Tochter Sultan Süleymans und Hürrem Sultans. Den Kiz Kule Turm konnten wir aber leider aufgrund der Besuchermassen nur von außen betrachten.

4Unseren letzten Tag verbrachten wir mit einer der wichtigsten Sehenswürdigkeiten der osmanischen Geschichte, dem Topkapi Palast. Dieser Palast wurde ab 1453 von dem osmanischen Eroberer der Stadt Sultan Fatih Mehmed erbaut und war jahrhundertelang der Wohn- und Regierungssitz der osmanischen Sultane und das Verwaltungszentrum ihres Reiches. Der Komplex besteht aus mehreren Höfen, die teilweise über den byzantinischen Kaiserpalast gebaut wurden. Doch der massive Bau wurde in seinen wesentlichen Kernelementen bereits im 15. Jahrhundert fertiggestellt, in den folgenden Jahrhunderten jedoch bis zum 18. Jahrhundert immer wieder erweitert. Der Palast spiegelt die türkische Bautradition deutlich wider, da er nicht aus einem zentralen Gebäude, sondern aus mehreren Gebäuden mit großen Gärten besteht. Mit 69 Hektar Gesamtfläche und 5000 Bewohnern wurde der Palast zu Glanzzeiten als eigene Stadt bezeichnet. Auch die Einrichtung der Räumlichkeiten ist ein Nachweis für den Reichtum seiner Bewohner, so wurden beispielsweise tonnenweise Gold zur Verzierung genutzt. Nichtsdestotrotz entschlossen sich die Herrscher den Palast im 19. Jahrhundert aufzugeben und zogen in den Dolmabahçe Palast auf der anderen Seite des goldenen Horns um.

Unsere Exkursion endete mit einem Treffen mit dem allseits geschätzten Professor Christoph Neumann und seiner Vorstellung des Orientinstitutes.

Emine Melike Sezer

Bilder: Prof. Dr. Mehmet Hacısalihoğlu

 


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