Institut für den Nahen und Mittleren Osten
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Neue Leseschmankerl: noch mehr persönliche Leseempfehlungen

... was wir selber mit besonderem Genuss und Gewinn gelesen haben. Und drum sehr weiterempfehlen.

  • Rustow, Marina, The Lost Archive: Traces of a Caliphate in a Cairo Synagogue. Jews, Christians, and Muslims from the Ancient to the Modern World, Princeton 2020.Hauptthema des Buches sind eigentlich die Fragmente fatimidischer Kalifendekrete, die in der Ben Esra-Synagoge in Alt-Kairo gefunden wurden. Das Buch holt aber etwas weiter aus und bietet in unterhaltsamer, etwas polemischer und verständlicher Sprache eine Einführung in die Geschichte der fatimidischen Kalifen von Kairo und in die Frage, warum wir für die frühe islamische Zeit, neben der reichen literarischen Tradition, nur so versprengte Schnipsel (arabische Papyri) haben. Am besten gefallen mir die Überlegungen zum Buch Esther und dem langen Schatten des achämenidischen Reiches. (Leonora Sonego)
  • Renard, Amélie Le, A Society of Young Women: Opportunities of Place, Power, and Reform in Saudi Arabia, Stanford 2014. - Amélie Le Renards ethnographische Studien bieten nuancierte Einblicke in spezifische Gruppen und Gemeinschaften innerhalb der saudischen bzw. emiratischen Gesellschaft. Die Bücher sind sehr dicht geschrieben, jedoch durch die persönliche Perspektive der Forscherin sehr angenehm und flüssig zu lesen. Das Buch von 2014 skizziert im damals noch strikt geschlechtergetrennten Saudi-Arabien die Beschaffenheit von öffentlichen Räumen, die nur für Frauen zugänglich sind. Zudem zeigt sie auf, wie sich saudische Frauen trotz Restriktionen im öffentlichen, privaten und digitalen Umfeld vergesellschaften. (Sabrina Zahren)
  • Renard, Amélie Le, Western Privilege: Work, Intimacy, and Postcolonial Hierarchies in Dubai, Stanford 2021. - 2021 forscht Le Renard im Umfeld der sogenannten "Expats" in Dubai, einer häufig nur temporär im Emirat lebenden und arbeitenden Gruppe, die vornehmlich aus mitteleuropäischen Ländern oder Nordamerika stammt. Sie ist daran interessiert, wie sich meist Weiße "Westerners" als priviligierte migrantische Gruppe in Dubai integrieren, positionieren und legitimieren. (Sabrina Zahren)
  • Weigelt, Frank, Die arabische Sprache: Geschichte und Gegenwart, Hamburg 2021. - Das Buch bietet einen Überblick über das Arabische in seinem kulturellen und historischen Kontext und vereint eine verständliche Darstellung mit wissenschaftlicher Fundierung. Kurzum: nicht alles wurde bis in die Tiefe beleuchtet und manches ist vielleicht auch etwas (zu) knapp - dafür liest es sich sehr angenehm :-). Verfasst als Einführung, beleuchtet Frank Weigel diverse Aspekte der arabischen Sprache ("Welches Arabisch und wozu? Woher kommt die Sprache überhaupt und wie entwickelt/verändert sie sich? …") Und wer’s genauer wissen will, findet am Ende jedes Kapitels weiterführende Literaturangaben. Zum Reinlesen: https://buske.de/reading/web/?isbn=9783967690408. Zum Ganzlesen: 1207/Lm 863 (Juli Singer)
  • Sinai, Nicolai, Der Koran: eine Einführung, Stuttgart 2017. - Ein Buch, das mit etwas Abstand geschrieben ist. Entstehung, historischer Kontext, literarische Form und Rezeption - alles wichtige steht da, aber einfach so geschrieben, dass es richtig Spass macht. (Andreas Kaplony)
  • Karić, Dženita, Bosnian Hajj Literature: Multiple Paths to the Holy. Edinburgh 2023. - Das Buch von Dženita Karić hat mich fasziniert, weil es (1) eines der besten Buchcover der letzten Jahre hat; und (2) weil man es als lange Geschichte (16.-21. Jhdt.) der Herausbildung einer bosnischen Identität und Nation lesen kann. Muslimische Prägung und die Orientierung zum symbolischen Zentrum der islamischen Welt, Mekka und Medina, waren und sind wichtige Elemente in diesem Prozess. Dženita Karić’s Untersuchung zeichnet nach, wie diese Beziehung über die Jahrhunderte kultiviert wurde, angefangen mit arabischer Pilgerfahrts- und Lobpreisliteratur, in der "bosnisch" einfach regionale Herkunft anzeigt, über osmanisch-türkische Werke, und bosnischsprachige Debatten und Tagebücher der sozialistisch geprägten Ära, des Kriegs und der nationalen Unabhängigkeit. (Björn Bentlage)
  • Heshmat, Dina, Egypt 1919: The Revolution in Literature and Film, Edinburgh 2020. - Das Buch hat mich immer wieder überrascht und liefert noch viel mehr als der Titel verspricht. Die Revolution von 1919 gilt mit gutem Grund als Ausgangspunkt des modernen ägyptischen Nationalbewusstseins. Dina Heshmat untersucht die Darstellung und Inszenierung dieser Revolution in Theaterstücken, Kurzgeschichten, Romanen und Verfilmungen. Sie arbeitet an konkreten Beispielen heraus, wie eine bestimmte Erinnerungskultur entsteht und vor allem, wie diese bestimmte Aussagen über die Revolution ausschließt. Dinge, die noch in den 1920er Jahren über die Revolution tatsächlich gesagt wurden, kamen z.B. in den 1930ern nicht mehr zum Ausdruck. Das Buch arbeitet die Hauptphasen dieser aufs Engste mit Politik und Gesellschaft verwobenen Erinnerungskultur von den Zwischenkriegsjahren bis in die 2000er Jahre heraus und macht immer wieder Lust, in die besprochenen Texte und Verfilmungen hineinzusehen: vom Straßenkampftheater über romantische Heimatromane bis zum verschwörungsbewegten Actiondrama. (Björn Bentlage)
  • Hoyland, Robert, In God's Path: The Arab Conquests and the Creation of an Islamic Empire, Oxfore 2014 (Ancient Warfare and Civilization). - Robert Hoyland inkorporiert die frühen muslimischen Quellen, aber auch die vielen nichtarabischen Quellen, die zeitgleich oder nahezu zeitgleich mit den Eroberungen entstanden sind. Das Buch beginnt mit einem umfassenden Bild der spätantiken Welt vor der Ankunft des Propheten, einer Welt, die von zwei Supermächten dominiert wurde: Byzanz und dem sasanidischen Persien. Zwischen diesen Reichen entstand eine ausgeprägte arabische Identität, die expandiert. Die Araber sind die Hauptakteure, doch wie Hoyland zeigt, spielten die Völker an den Rändern von Byzanz und Persien – die Chasaren, Bulgaren, Awaren und Türken – alle eine entscheidende Rolle bei der Neugestaltung der Weltordnung. Das byzantinische und persische Erbe im Prozess der Gestaltung der neuen Weltordnung wird untersucht. Hervorragend lesbar und umfassend. (Rocio Daga)
  • Khalidi, Rashid, The Hundred Years' War on Palestine: A History of Settler Colonialism and Resistance, 1917–2017, New York 2020. - Der Autor greift in diesem Buch als Historiker auf Familienarchive und Geschichten zurück, als Aktivist auf seine eigenen Erfahrungen als Verhandlungspartner im israelisch-palästinensischen Konflikt. (Rocio Daga)
  • Otten, Cathy, With Ash on Their Faces: Yezidi Women and the Islamic State, New York 2017. - The nature of Yezidi female captives' lives under Islamic Law, as perceived and understood by the legal experts of the Islamic State (IS), is captured in this book. It contains passages from real accounts of Yezidi women and girls who managed to break out of ISIS-held prisons. Although the book's original author was a journalist and did not delve into event analysis, it does contain Yezidi women's and girls' testimonies regarding their situation while living as captives. It captures the essence of the terrible circumstances that Yezidi women endured while being held captive by IS. Because of this, I believe that this book is useful for comprehending the ideology and theological interpretation that IS jurists hold regarding Islamic history, the Hadith, and the Qur'an in relation to captive issues within the Islamic communities. (Qader Shammo)
  • Frembgen, Jürgen Wasim, Die Aura des Alif: Schriftkunst im Islam, München 2010. - Für alle, die sich für arabische Kalligraphie interessieren. Die verschiedenen Beiträge im Buch zeigen die Vielfältigkeit arabischer Kalligraphie und wie sie über die Jahrhunderte hinweg in den unterschiedlichsten Bereichen des Lebens anzutreffen ist: auf Münzen, in Büchern, als Inschriften, aber auch auf Lastwagen und anderen Alltagsobjekten. Was mir an dem Buch besonders gut gefällt, sind die Illustrationen. Die sind nicht nur besonders schön, sondern auch zahlreich. Auch, wenn die Leselust einmal nicht so groß sein sollte, lohnt sich ein Blick ins Buch – zum Durchblättern und, um sich an der Schönheit der arabischen Kalligraphie zu erfreuen. Und wer dann neugierig geworden ist und mehr wissen will, taucht einfach in die detaillierten Beschreibungen ab. (Sabrina Deininger)
  • Bauer, Thomas, Warum es kein islamisches Mittelalter gab: Das Erbe der Antike und der Orient, München 2018. - Eine leicht zugängliche kritische Auseinandersetzung mit gängiger irreführender und/oder anachronistischer Terminologie in der Islamwissenschaft. Im Kern des Buch steht eine Kritik der Übertragung des Begriffs "Mittelalter" auf vormoderne islamisch(-geprägt)e Gesellschaften (mit einem Plädoyer für die Einsetzung kontext-akkurater Periodisierung und Fachterminologie). Dabei bietet der Autor einen Einblick in verschiedene Aspekte eurozentrischer Narrative in der traditionellen Orientalistik. (Eugenio Garosi)
  • Walker, Bethany J. und Fenwick, Corisande und Insoll, Timothy (Hgg.). The Oxford Handbook of Islamic Archaeology, New York 2020. - Das wegweisende Handbuch für das noch viel zu unterentwickelte Feld der islamischen Archäologie. Neben einem Überblick über den neusten Wissensstand in den zentralen islamischen Ländern wie auch in einem sehr breiten Spektrum von weiteren islamisch-geprägten Kontexten (von der Subsahara-Afrika bis China) bietet dieser dichte Band einen Einstieg in die Debatten, Methoden und Praxen in den immer aktuelleren Feldern des Heritage Management und Community Archaeology. (Eugenio Garosi)
  • Hurvitz, Nimrod et al. (Hgg.), Conversion to Islam in the Premodern Age: A Sourcebook, Oakland 2020. - Mit einer weitreichenden  Sammlung von fast 60 Exzerpten (manche davon zum ersten Mal ins Englische übersetzt), bietet dieser Band eine Zeitzeugenperspektive in die historische Phänomenologie der Bekehrung zum Islam. Anders als im Großteil der wissenschaftlichen Literatur zum selben Thema liegt hier der Fokus nicht auf einer Quantifizierung des Phänomens sondern auf den Erlebnissen und Wahrnehmungen von individuellen und kollektiven historischen Akteuren in verschiedenen zeitlichen und kulturgeographischen Kontexten. (Eugenio Garosi)
  • Ahmed, Leila: A Quiet Revolution. The Veil's Resurgence, from the Middle East to America, New Haven/London 2011. - Ahmed zeichnet die Geschichte des Kopftuchs von den 1940ern bis ins 21. Jahrhundert nach, beginnend in Kairo, wo das Kopftuch wie auch andernorts damals ganz unüblich war, und spürt dem Wiederaufleben dieser Form der Bedeckung seit den 1970ern nach. Sie erforscht zugrundeliegende Motivationen im Nahen Osten und in den USA, beleuchtet die Rolle des Kopftuchs in Zusammenhang mit Aktivismus-Bewegungen für Frauen- und Bürgerrechte und geht dabei auch auf den Einfluss der Muslimbruderschaft ein. (Emma Mages)
  • Tarlo, Emma und Moors, Annelies (Hgg.): Islamic Fashion and Anti-Fashion: New Perspectives from Europe and North America, London und New York 2013. - Der Band versammelt in fünf Sektionen vielfältige Perspektiven auf islamische Mode und Anti-Mode, von lokalen Verortungen (I) über Geschichte und Narrative (II), Märkte (III), Medien (IV) und Dynamiken (V). In der Einleitung reflektieren die Herausgeberinnen die Begriffe der islamischen Mode und Anti-Mode und geben einen Überblick über ihre Erscheinung und Symbolik in säkularem Kontext. (Emma Mages)